Sportärzte
und Doping
Komplizen
oder Moralapostel ?
Eine
Stellungnahme des DVSF
Der
Einsatz oder Missbrauch von Substanzen im Sport mit starken oder giftigen
Nebenwirkungen ist entschieden abzulehnen! Der Einsatz von Medikamenten
und Mitteln, die auf der Dopingliste ist auch schon ohne ethisch / moralische
Bedenken nicht vertretbar.
Die
Vorstellung eine Substanz kontrollieren zu können, deren Wirkmechanismen
zum Teil noch gar nicht in vollem Umfang erfasst sind, ist eine Illusion.
Wer
allerdings glaubt einen hochmotivierten Hochleistungssportler, der alle
möglichen Risiken und Entbehrungen auf sich genommen hat, um in einer
bestimmten Disziplin zu brillieren, zum Abbruch eines Dopingprogramms bewegen
zu können, der hat entweder keine Ahnung von der täglichen Praxis
des Leistungssports oder lügt sich in die eigene Tasche. Jeder Insider
weiß, das der Hochleistungssport in Punkto Doping einen sehr hohen
Durchseuchungsgrad quer durch alle Disziplinen aufweist. Die Vorkommnisse
bei der Tour de France sind nur die Spitze des Eisberges!
Effektive
Dopingkontrollen sind kaum durchführbar, dem stehen technische und
organisatorische Schwierigkeiten sowie vor allem die Findigkeit der Athleten
und Trainer zur Entwicklung immer neuer Verschleierungstaktiken entgegen.
Substanzen wie EPO oder Wachstumshormone sind zudem derzeit nicht nachweisbar.
Es
liegt in der Natur des ärztlichen Berufes, Substanzen anzuwenden oder
zu verschreiben, die anderen Menschen nicht zugänglich, weil sie zur
freien Verwendung zu gefährlich sind. Dieser Ausnahmestatus basiert
auf dem Vertrauen darauf, dass der Arzt zu verantwortungsvollem Umgang
mit potentiell gefährlichen Substanzen und Medikamenten befähigt
ist. Da viele leistungssteigernde Substanzen ursprünglich als Medikamente
zu anderen Zwecken entwickelt wurden, weckt dies Begehrlichkeiten, mit
denen man sich bei der Betreuung von Sportlern unweigerlich auseinander
zusetzen hat.
Ein
neues und seit einigen Jahren zunehmend besorgniserregendes Phänomen
ist der dopende Fitnesssportler. Dieser will häufig gar nicht zu Medaillenehren
gelangen, sondern schnell und bequem die pharmakologische Abkürzung
zum schwimmbadgerechten Waschbrettbauch nehmen.
Beim
Hochleistungssportler kann man vielleicht noch eventuelle finanzielle Anreize
oder den Wunsch nach Weltruhm als Motivation nachvollziehen. Ist dies schon
fragwürdig, was soll man dann erst von einer Hausfrau halten die Clenbuterol
verlangt, um beim Aerobic leichter abzunehmen? Eine Übertreibung?
Leider nicht. In den USA hat z.B. der Anabolikakonsum derart große
Ausbreitung erreicht, dass Konsum und Verkauf von Steroiden rechtlich dem
harter Drogen gleichgesetzt wurden.
Unglücklicherweise
haben die Dopingskandale der letzten Jahre keine Abschreckung sondern eher
einen Werbeeffekt für bestimmte Substanzen gehabt. Das eben erwähnte
Clenbuterol, dessen Namen vor Katrin Krabbe kein Mensch außerhalb
der Insiderkreise kannte, ist mittlerweile eine der begehrtesten Substanzen
im Freizeitsport und vor allem in der Fitness-Szene. Auch Steroide erfreuen
sich leider nach wie vor ungebrochener Beliebtheit.
Der
DVSF wird durch Aufklärungsarbeit und Qualitätssicherung in den
Sport – Freizeit – und Fitnessanlagen alles unternehmen, damit das Dopingproblem
nicht ähnlich unbeherrschbare Ausmaße annimmt wie im Hochleistungssport
oder im Fitnesssport der USA.
Wolfgang
Nüske
Vorstandsmitglied
des DVSF
Der
Organisator der Deutschland-Rundfahrt der Radprofis spricht sich in einem
Interview mit dem "Wiesbadener Kurier" (30.5. 2002) für die Freigabe
des Dopings aus
Kurier:
Wie ist dieses Problem Ihrer Meinung (das Dopingproblem) in den Griff zu
bekommen?
. |
.. |
Reitz:
In den Griff zu bekommen ist es nur, in dem man endlich die einzig mögliche
Konsequenz daraus zieht und alle handelsüblichen Medikamente für
Profis frei gibt. Wir haben es hier mit Fahrern zu tun, die nicht nur für,
sondern auch von ihrem Sport leben. Jede Sekretärin und jeder Autoverkäufer
lässt sich, wenn es ihm einmal nicht so gut geht, doch auch etwas
verschreiben, um am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen zu können.
Warum also soll das bei Berufsrennfahrern anders sein? Statt Gefahr zu
laufen, im immer undurchsichtiger werdenden Doping-Sumpf endgültig
den Boden unter den Füßen zu verlieren, würde dem Ganzen
damit dieses Anrüchige, fast schon Kriminelle genommen. Jeder könnte
mit offenen Karten spielen und der Sport insgesamt würde wieder glaubhafter
werden. Hinzukommt, dass jeder Fahrer unter ständiger ärztlicher
Kontrolle stünde und das Risiko eines Missbrauchs schon von daher
eher verringert würde. |
..... |
Kurier:
Wenn ich Sie richtig verstanden haben, sollte die Doping-Freigabe aber
ausschließlich dem Profibereich vorbehalten sein?
Reitz:
Das ist natürlich Voraussetzung. Die Freigabe für Berufsrennfahrer
darf nicht mit einem Freifahrtschein für alle anderen verwechselt
werden, ganz ihm Gegenteil. Für Amateure, vor allem aber für
Jugendliche, müssten die Strafen hei Dopingvergehen im gleichen Zuge
drakonisch erhöht werden. Bis hin zum Lizenzentzug auf Lebenszeit.
Kurier:
Sind die hohen Anforderungen an die Fahrer gerade in den Alpen oder den
Dolomiten ohne die Einnahme unerlaubter Mittel heute überhaupt noch
zu erfüllen und wie sah das im Vergleich dazu zu Ihrer Zeit früher
aus?
Reitz:
Zu meiner Zeit hat kein Mensch über Doping gesprochen. Dabei waren
die einzelnen Etappen länger und das Material schlechter als heute.
Damals musste auch ohne ärztliche Rund-um-Versorgung jeder für
sich selbst dafür Sorge getragen, dass er für den Notfall immer
etwas bei sich hatte. Einfach nur um zu verhindern, dass man völlig
erschöpft vom Rad fiel und am nächsten Morgen nicht wieder antreten
konnte.
Kommentar
Irrsinn
Von
Ulrich Schwaab
Es
hört sich stimmig an, die Freigabe des Dopings für Berufs-Radfahrer.
Nur, die Aussage von Franz Reitz ist ebenso unüberlegt wie unfassbar.
Sie zeugt von der Verkennung des Problems. Hier redet einer dem Betrug
das Wort, der Manipulation am gesunden Körper. Hier fordert jemand,
der im Radsport kein Unbekannter ist, die Preisgabe aller gültiger
Normen und Werte, die auch im Spitzensport gelten: Sport bedeutet aber
zunächst ein zweckfreies Streben nach körperlicher Betätigung
und darf niemals zur Vorbereitung auf Betrug im Aktivenalter verkommen.
Reitz verhöhnt mit seinen Aussagen all jene, die sich für einen
sauberen Radsport einsetzen. Viel eher muss der Weltverband UCI Ernst machen
und Sünder wirkungsvoll bestrafen. Oder der Radsport verdient es nicht
mehr eine Sekunde länger, olympische Sportart zu sein. Und eine Deutschland-Tour
voller gedopter Profis würde bei der Stadt Wiesbaden keinen Cent mehr
loseisen. Ob Reitz all das wusste, als er seinen Wunsch leichtfertig an
die Öffentlichkeit trug? Der Radsport birgt immer Überraschungen.
Meistens unangenehme.
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