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Bewegung, Spiel und Sport im Internet
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Rolf Dober 25.1. 2025
Wahlkampf mit Schulsport, Sportpädagogik und Kinderfußball
Die unerträgliche Ahnungslosigkeit des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz
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Wahlkampfrede am 25.1. 2025 in Künzelsau
Kölner "Express" 26.1. 2025
Wenn grundlegende Fehlinformationen zum Schulsport und zu sportpädagogischen Konzeptionen als Wahlkampfargument benutzt werden, muss dem widersprochen werden.
Seit über einem Jahr werden von Politikern nicht nur Verzerrungen, sondern schlichtweg unsinnige, ja teils groteske Aufassungen über die Bundesjugendspiele verbreitet. Das trifft besonders für Friedrich Merz und seinem Generalsekretär zu.
"Sportunterricht.de" hat dies vielfach aufgezeigt und beklagt. Der Deutsche Olympische Sportbund oder der Deutsche Leichtathletikverband haben sich ebenfalls deutlich gegen Fehlinformationen gewandt.
Der immer gleiche Vorwurf:
Leistung und Wettkampf spielen keine Rolle mehr, Kinder sollen doch auch Verlieren lernen, es gibt keine Sieger- oder Ehrenurkunden mehr. Das Ganze als Ausdruck einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklung.
Dass Merz sich dazu ausgerechnet den Schul-, Kinder- und Jugendsport als Zielscheibe aussucht und dabei faktenfrei argumentiert, macht sprachlos. Es müsste doch kompetente Personen in seinem Umfeld geben, die es ihm mal erklären.
Ein paar Hinweise:
Friedrich Merz will "die versammelten Kultusminister der Bundesrepublik Deutschland darum bitten, in allen Schulen in Deutschland die Bundesjugendspiele wieder einzuführen" - "und zwar nicht nur mit Teilnehmerurkunden, sondern mit Siegerurkunden."
(jeweils großer bis begeisterter Applaus im Publikum)
Die Bundesjugendspiele sind seit vielen Jahren verbindlich und bleiben es auch weiterhin.
In den Formaten "Wettkampf", "Wettbewerb" und "Mehrkampf" gibt es jeweils Ehrenurkunden, Siegerurkunden und Teilnehmerurkunden. Das stand nie zur Debatte.
Auf den Webseiten des Kuratoriums der Bundesjugendspiele und beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wird dies umfassend erklärt.
Im Übrigen:
Träger der Bundesjugendspiele ist das Kuratorium, bestehend aus der Präsident/in der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK), der Präsident/in des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Ein Ausschuss unterstützt die Arbeit des Kuratoriums und ist für die inhaltliche Gestaltung verantwortlich.
Der Ausschuss setzt sich aus Vertretungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Kommission Sport der Kultusministerkonferenz, des Deutschen Olympischen Sportbundes/der Deutschen Sportjugend sowie der an den Bundesjugendspielen beteiligten Spitzenverbänden, dem Deutschen Behindertensportverband, dem Deutschen Leichtathletik-Verband, dem Deutschen Schwimm-Verband und dem Deutschen Turner-Bund zusammen.
„Ich werde den Deutschen Fußball-Bund bitten, in der E- und F-Jugend wieder Fußballspiele stattfinden zu lassen, wo Tore geschossen werden dürfen“.Natürlich dürfen und sollen Tore geschossen werden. Wettbewerbe sollten aber kind- bzw. entwicklungsgemäß angeboten werden.
Dazu führt der DFB aus:
"Die neuen Spielformen sollen allen Kindern auf dem Platz so häufig wie möglich die Chance geben, den Ball selbst am Fuß zu haben, aktiv am Spiel teilzunehmen, Tore zu erzielen und damit persönliche Erfolgserlebnisse zu haben.
Deshalb wird auf kleinere Teams, viel Abwechslung und zum Teil vier Tore gesetzt. Die individuelle sportliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen wird damit gefördert, ihre Begeisterung für den Fußball verstärkt. Einher gehen damit soll eine langfristige und noch engere Bindung zum organisierten Fußballsport.
Die Reform soll den gesamten Fußball und seine Vereine an der Basis langfristig stärken. Die veränderten Spielformen beziehen sich auf die Altersklassen G-, F- und E-Jugend." (DFB - Kinderfußball)
Olympische Spiele in Paris..."Und wir? - Platz 10 im Medaillenspiegel. Jedesmal ein Stück weiter runter. Teilnehmerurkunden kriegen wir."
"Wenn die Bundesjugendspiele nur noch Teilnehmerurkunden ausstellen, dann kriegen wir demnächst auf Olympiaden keine Medaillen mehr, sondern nur noch Teilnehmerurkunden".
"Ich möchte nicht, dass Deutschland nur noch Teilnehmerurkunden bekommt. Ich möchte, dass wir wieder an der Spitze stehen."
Merz beklagt, dass die deutsche Olympiamannschaft nur noch Platz 10 in der Nationenwertung von Paris erreicht hat.
Weil nur noch Teilnehmerurkunden bei den Bundesjugendspielen ausgestellt werden? (was ja falsch ist, s.so).
Auf so eine Aussage muss man erst mal kommen.
"Das eigentliche Ärgernis der aktuellen Diskussion über die Bundesjugendspiele ist allerdings darin zu sehen, dass mit dieser Diskussion um den Schulsport der Fokus auf einen einzigen Tag, auf den Tag der Bundesjugendspiele, verkürzt wird und die 40 Wochen in der Grundschule, an der (hoffentlich) 120 Stunden „Mehrperspektivischer Schulsport“ stattfinden sollte, völlig aus dem Blick geraten."
(Prof. H. Digel)
Die Aussagen von Merz schaden dem Schulsport und allen engagierten Lehrkräften und
„Die tendenzielle Entwicklung, Kinder vor negativen Erlebnissen zu bewahren, ist grundfalsch:
Übungsleiterinnen im Kinder- und Jugendsport. Der Verdacht der "Kuschelpädagogik", "ideologiegetriebener Gleichmacherei" etc. belastet eine vernünftige pädagogische Arbeit.
Zudem begibt sich Merz in gefährliche Nähe zu AFD-Positionen.
Sportunterricht wird nicht mehr benotet, das Wettkampfprinzip der Bundesjugendspiele abgeschafft,
ja macht der DFB aus Kinderfußball ‚Funino‘, bei dem Drei gegen Drei auf vier Mini-Tore spielen
und das Endergebnis nichts zählt." (AFD-Pressemitteilung, 23.1.2025)
Ein kompetenter Diskurs über Ziele, Inhalte und Methoden des Sports innerhalb und außerhalb der Schule
ist natürlich immer von großer Bedeutung. Die Sportpädagogik hat dazu einiges zu bieten.
Mit Scheinargumenten Wahlkampf auf Kosten des Sports und pädagogischer Konzepte zu machen, ist unerträglich.
Oder um es mit "News4teachers" zu sagen:
"Friedrich Merz will wieder mehr auf Leistung setzen und nimmt dafür die Bundesjugendspiele
in den Blick.
Mit der eigenen Leistung nimmt er es dabei nicht ganz so genau:
Er verbreitet schlicht Unwahrheiten – und ledert gegen einen Beschluss, den die Union selbst mitgetragen hat."
Weitere Informationen
Bundesjugendspiele - Sportunterricht.de
Die bewegenden „neuen“ Bundesjugendspiele - Bundesjugendspiele werden nicht abgeschafft (DOSB, 19.7.23)
„Leichtathletik-Bundesjugendspiele – kindgemäß, zeitgemäß, attraktiv“ (Broschüre DLV, 2024)
Rolle rückwärts oder Ablenkungsmanöver? Daniel Möllenbeck in der Zeitschrift "Sportunterricht" 9/2024.
Kulturkampf. Die Bundestugendspiele - Eine Kolumne von Christian Stöcker (Spiegel)
Bundesjugendspiele: Ist die Kritik an der Reform gerechtfertigt? (DLF, 19.8. 2024)
Bundesjugendspiele - Anmerkungen zu den "neuen Kritikern"- Ende des Leistungsgedankens?
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Wettkampf der Ahnungslosen oder politische Funktionalisierung?
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Die Bundesjugendspiele sind nicht das Problem (Prof. H. Digel - "sport-nachgedacht.de")
Medienrezeption der Merz-Rede
Während viele Presseorgane die Forderungen von Merz unkritisch (dpa-Meldung) weitergeben (s.o.),
so fällt doch auf, dass auch Unstimmigkeiten genannt und kommentiert werden.
Endlich wieder Siegerurkunden:"Der CDU-Kanzlerkandidat will die Bundesjugendspiele wieder einführen – die wurden aber nie abgeschafft.
Friedrich Merz und die Mär von der verweichlichten Jugend
Es ist nur eine von vielen bizarren Aussagen zur sportlichen Zukunft des Landes....
Man hätte über so vieles im Sport sprechen können, wie den Mangel an Sportstätten, den Ausbau von
Breitensportangeboten für Kinder und Jugendliche oder die bessere Förderung von Trainern und
Trainerinnen.
Doch Merz entschied sich für die Mär von der verweichlichten, leistungsunwilligen Jugend."
Friedrich Merz:
Falsche Aussagen zu Bundesjugendspielen und verweichlichter Jugend
News4teachers.de, 26.1
Bundesjugendspiele:
"Friedrich Merz will wieder mehr auf Leistung setzen und nimmt dafür die Bundesjugendspiele in den Blick.
Merz will wieder Urkunden einführen, die nie abgeschafft wurden
Mit der eigenen Leistung nimmt er es dabei nicht ganz so genau:
Er verbreitet schlicht Unwahrheiten – und ledert gegen einen Beschluss, den die Union selbst mitgetragen hat."
FAZ - 27.1.
CDU-Kanzlerkandidat : Merz’scher Populismus"Friedrich Merz spricht über Sport – und erzählt Unsinn: über die Bundesjugendspiele oder die Reform im Jugendfußball."
Ruhr-Nachrichten 27.1.
Skurrile Merz-Kritik an Juniorenfußball-Reform
CDU-Chef verdreht Fakten"CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisiert Reformen gegen Leistungsdruck bei den
Bundesjugendspielen und im Kinderfußball.
Das Problem: Seine Aussagen stimmen nicht."
Der Westen 27.1.
Fußballmagazin „11 Freunde“ spottet über Merz
"Den Fauxpas nimmt das Fußballmagazin „11 Freunde“ zum Anlass, um Merz aufs Korn zu nehmen.
„Wissen viele nicht, aber zurzeit sitzen unzählige F- und E-Jugendliche in U-Haft,
weil sie verbotenerweise Tore geschossen haben“, schrieb das Magazin auf X mit Blick auf den angeblichen Regelverstoß.
Außerdem fordere Merz, dass „wieder mit einem Ball gespielt wird“, „der Ball wieder rund sein soll“
und „Handspiel wieder verboten werden soll“.
ZDF "heute-Show" 31.1.
Realität oder Satire ....?
Sportpädagogik-Online
Rolf Dober