Koordination unter Druckbedingungen
Koordinations-Anforderungs-Regler   -  KAR-Modell

 
Unterschiedliche motorische Aufgaben und Sportarten erfordern unterschiedliche koordinative Anforderungen. 
Koordinative Fähigkeiten - Übersicht   |  Koordinative Fähigkeiten und Sportpraxis (Hirtz)
 
Der Koordinations-Anforderungs-Regler (KAR, Neumaier u.a.) ist ein Modell zur Erfassung verschiedener koordinativen Anforderungen und Aufgaben. Damit geht dieser Ansatz über eine reine Beschreibung "koordinativen Fähigkeiten" hinaus.

Die Realisierung der koordinativen Abläufe und die Verarbeitung von bewegungsbegleitenden Informationen ist auch deshalb so schwierig, weil sie (meist) unter verschiedenen Druckbedingungen bewältigt werden müssen. 
Der KAR basiert auf einer Variation dieser Druckbedingungen und hilft dabei, sich auf Leistungsanforderungen von motorischen Aufgaben und deren mögliche Förderung zu konzentrieren. 
Der Ansatz hat somit eine hohe Praxisrelevanz. 
Übungen können individuell an das jeweilige Leistungsniveau und die jeweilige Situation angepasst werden. 


 
Präzisionsdruck
Anforderungen an die Bewegungsgenauigkeit (Prozess-/Ergebnisgenauigkeit)

 

 


„Bei Genauigkeitsanforderungen sind die Aspekte der Zielpräzision oder Ergebnisgenauigkeit und der Präzision der Ausführung selbst (oder Verlaufsgenauigkeit) voneinander zu unterscheiden“ (Neumaier).

Bei zyklischen Bewegungsaufgaben mit Anforderungen an die Rhythmisierung ist die
Wiederholungsgenauigkeit von großer Bedeutung. In anderen Sportarten, z.B. Gerätturnen ist die Verlaufsgenauigkeit ausdrücklich Bewertungsgegenstand.
Bei Sportspielen hat die Pass-/Zuspielgenauigkeit sowieTorschuss- und Korbwurfpräzision einen hohen Stellenwert.

Eine differenzierte Selbst- und Fremdwahrnehmung ist eine Grundlage für die Bewältigung des Präzisionsdrucks.
Sammeln vielfältiger Bewegungserfahrungen ist eine wichtige Voraussetzung.
 

Zeitdruck
Anforderung hinsichtlich der verfügbaren Bewegungszeit und/oder der zu erreichenden Bewegungsgeschwindigkeit

 
Zeitdruck beschreibt die Notwendigkeit, eine bestimmte Bewegungshandlung entweder in einem
gegebenen Zeitfenster oder in möglichst kurzer Zeit auszuführen bzw. zu bewältigen.
In jedem Fall ist die Geschwindigkeit der Bewegungsausführung die wesentliche Anforderung.

Die angesprochene Wechselwirkung zwischen Bewegungsgeschwindigkeit und Bewegungspräzision führt zu einem „Geschwindigkeits-Genauigkeits-Kompromiss“, der besagt, dass bei komplexen und anspruchsvollen Bewegungsaufgaben mit zunehmender Bewegungsgeschwindigkeit die Genauigkeit oft abnimmt. 

Die unterschiedlichen Schnelligkeitsanforderungen für den Zeitdruck treten bei Beginn und während der Durchführung der Bewegung auf. 
Bewegungen, die einen schnellen Bewegungsbeginn erfordern, sind Reaktionsaufgaben und stellen Anforderungen an die Reaktionsschnelligkeit.


 
Komplexitätsdruck
Anforderungen an die gleichzeitigen und/oder aufeinander folgenden Teile der Bewegung

 
Die Komplexität der Bewegung nimmt zu, wenn in einer Bewegungshandlung mehrere Bewegungsteile aufeinander abzustimmen sind. Eine Simultankoordination liegt dann vor, wenn
die verschiedenen (oder zusätzlichen) Bewegungsteile gleichzeitig auszuführen sind. Wird die
Bewegung durch Verschaltung mehrerer Bewegungsteile zu einer Bewegungskombination verlängert, handelt es sich um eine Sukzessivkoordination.

Auch Auswahl und Umfang der einzubeziehenden Muskelgruppen wirken sich auf die Komplexität der
Bewegung aus und welche Muskeln miteinander gekoppelt werden müssen.


 
Situationsdruck
Anforderungen an die Variabilität und Komplexität der Handlungssituation 
(Situationsvariabilität und Situationskomplexität)

 
Die Variabilität drückt die Handlungssituation aus, in der eine Bewegungsaufgabe bewältigt werden soll. Ist diese statisch gleichbleibend oder aber von Ort zu Ort verschieden, dynamisch, verändernd?

Die Komplexität bezeichnet den Informationsumfang der zu beobachtenden Handlungs- bzw. Umweltelemente (z. B. Ballannahme und Abspiel beim Fußball oder unvermutete Geländebedingungen beim Skifahren).

 

Belastungsdruck
Anforderungen an die physischen und psychischen Belastungsbedingungen

Mit Belastung sind die äußeren, objektiv feststellbaren Anforderungen gemeint, die mit einer
Bewegungsaufgabe verbunden sind.
Hingegen bezeichnet Beanspruchung die subjektiv empfundene, individuell wirkende Belastung, also die inneren personenbezogenen Anforderungen.

Die physische Beanspruchung ist konditionell-energetisch (Kraft, Ausdauer etc.).
Die psychische Beanspruchung ist mit psychischen Prozessen (Konzentration, Wille, Motivation, Emotionen etc.) verknüpft.

 

nach Neumaier



 
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Selbstgesteuerte Koordinationsschulung in der Sekundarstufe II (Lehrhilfen Sportunterricht)

Beispiel Tischtennis
Beispiel Badminton

Zur Vertiefung
Klaus Roth: Begriffliche und theoretische Grundlagen der Koordinationsschulung



  
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