31.1. 2024

 
 
   Schulsport,  Rechtsextremismus und die Anbiederung der AFD
   Auffälligkeiten, Gedanken, Einschätzungen
 
Sport steht für Respekt, Fairness, Vielfalt, Demokratie und Menschenrechte. 

Menschenverachtende und rassistische Äußerungen aus den Reihen der AFD (nicht nur von Sportlehrer B. Höcke) und anderer rechtsextremer Gruppen werden deshalb auch aus den Reihen des Sports zurückgewiesen.

Welche (programmatischen) Vorstellungen aber hat die AFD eigentlich gegenüber Sport und Schulsport, wie positioniert sie sich im bundesdeutschen Sport?

Auf den ersten Blick erscheinen die Aussagen eher moderat. 
Ja, die AFD stellt sich als der eigentliche und große Förderer des Sports auf allen Ebenen dar. Dabei benutzt  die AFD oft Formulierungen und Forderungen, die von Sportorganisationen, Schulsporterklärungen oder Lehrplänen kopiert wurden.

"Die AfD-Bundestagsfraktion spricht sich dafür aus, den Sport in deutlich höherem Maße als bisher zu fördern", schreibt die AFD in ihren sportpolitischen Thesen.

Ein zweiter, genauerer Blick, bringt dann aber doch Erschreckendes hervor. 
 
 
 

Die sportpolitischen Thesen der AFD - Völkische Elemente als sportliche Werte

2018 hat die AFD ihre sportpolitischen Thesen der AFD vorgelegt.
"Der Sport ist wichtiges Element einer gesundheitsbewussten Lebensgestaltung. Er verbindet über kulturelle, soziale und sprachliche Grenzen hinweg und vermag Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters zusammenzuführen."

Einleitende und wohlklingende Sätze, die aber als Zitat des DOSB kaum erkennbar sind. 
Der Gedanke, Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenzuführen, taucht später nicht mehr auf. 
Das ist kein Zufall. Stattdessen ist immer wieder vom "Volk" oder "Nation" die Rede. 

 

"Eine wichtige Aufgabe des Sports ist es, zur Gesundheit, zur Leistungsfähigkeit und zum Wohlbefinden des Volkes beizutragen"

„Sport vermittelt bewährte Tugenden (?) und stärkt den Zusammenhalt unserer Nation" ist die Überschrift des nächsten Absatzes. 

"Im Sport werden die heimischen Werte und Normen weitergegeben und ein entsprechendes Verhalten abgefordert" heißt es auf der aktuellen Webseite des AK Sport. Was das ist, wird nicht erläutert, richtet sich aber offensichtlich gegen Migranten und andere Minderheiten.

"Dabei werden neben grundlegenden sozialen und kulturellen Werten ebenso klassische Tugenden wie Geradlinigkeit, Gerechtigkeitssinn, Ehrlichkeit, Disziplin, Pünktlichkeit, Ordnungssinn, Fleiß und Pflichtbewusstsein vermittelt." (Sportpolitische Thesen)

Das Wort Toleranz findet sich ebensowenig im Programm wie Vielfalt oder Respekt.  Inklusion schon gar nicht. (Höcke will Bildung vom "Ideologieprojekt Inklusion" befreien)"
Aktionen des Sports für Menschenrechte und gegen Rassismus oder Antisemitismus werden natürlich auch nicht erwähnt.

Der Begriff der "Identität" (AFD: "Sport ist Identität"), der soziologisch und entwicklungspsychologisch viele Facetten hat, wird hier deutlich mit nationalen Gesinnungen und nationalen Sporterfolgen  (umrahmt von Deutschlandfahnen) in Verbindung gebracht. Auch die rechtsextreme "identitäre Bewegung" baut auf solchen Grundgedanken auf.

vgl. dazu auch: Rechtspopulismus - Der Begriff der Identität (Bundeszentale für politische Bildung)
 
 
 

Schulsportpolitische Vorstellungen  - 
Geklaute Sätze und Ringen als Kernsportart

Die AFD fordert mindestens 4 Wochenstunden Sport in der Schule.
Ein Antrag im Bundestag vom 24.1. 2023  "Wertschätzung und Förderung des Unterrichtsfaches Sport" greift diese Forderung auf.

"Bewegung, Spiel und Sport sind elementare und unverzichtbare Bestandteile ganzheitlicher Bildung. Sie beeinflussen die sprachliche, körperliche, emotionale, intellektuelle und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen."
Ohne dies als Zitat zu kennzeichnen wird hier einfach eine KMK-Erklärung von 2009 übernommen. 

"Nur Schulsport bewegt alle" - ein Motto des Deutschen Sportlehrerverbandes, scheint hier eine Position der AFD zu sein und soll den Eindruck von Kompetenz und Besorgnis erwecken.

Dabei wird auf eine Mischung aus KMK-Stellungnahmen, dem Memorandum zum Schulsport, dem Lehrplan NRW sowie den Handlungsempfehlungen der KMK zum Schulsport zurückgegriffen.  Nur das Memorandum wird in einer Fußnote erwähnt. Sogar sportpädagogische Standards werden aufgenommen, etwa die "Erziehung zum Sport und durch Sport." Die AFD hat dazu aber bestimmt ihr eigenes Verständnis (s.o.)

Inhaltlich bleibt vieles verschwommen bis einseitig. 

"Weiterhin sollen »einfache« traditionelle Sportarten wieder fester und wichtiger Bestandteil des Sports in der Schule werden. Das Geräteturnen ist zum Beispiel bestens für die Ausbildung motorischer und koordinativer Fähigkeiten geeignet. 
Das Ringen als fairer Kampf fördert die Entwicklung von koordinativen Fähigkeiten mit Hilfe von Elementen aus dem Kraftsport. Auf die Vielfalt der Leichtathletik wiederum bauen viele andere Sportarten auf."
Sportpolitischen Thesen der AFD 

Der Kampfsport nimmt in der extremen Rechten traditionell eine bedeutende Rolle ein. Koordinative Fähigkeiten waren dabei nie das zentrale Ziel. 

vgl. "Demokratie leben"
 
 
 

Bundesjugendspiele als leistungskollektivierender Wettbewerb? 

Mitte 2023 erregte die kleine Reform der Bundesjugendspiele ein großes Medieninteresse. Der (unberechtigte) Vorwurf vieler, auch seriöser Medien: Der Leistungscharakter der Bundesjugendspiele sei durch die Umstellung der Übungsauswahl in den Klassenstufen 3 und 4 in Gefahr.
vgl. dazu Bundesjugendspiele - Anmerkungen zu den "neuen Kritikern".

Die AFD nahm dies zum Anlass, am 8.9. 23 eine "kleine" Anfrage im Bundestag einzubringen, ohne die tatsächlichen Änderungen und Hintergründe zur Kenntnis zu nehmen. 
Dem Eindruck, man wolle sich hier zum Vorreiter einer aktuellen Diskussion machen, kann man sich nicht erwehren. Kritiker in den  Medien, aber auch politischer Parteien, hatten dafür eine Steilvorlage gegeben. "Verweichlichung" und "Gleichmacherei linker Weltbeglücker" 
heißt es dann, z. B. bei der AFD Baden-Württemberg, "Woke Wellness Reform" bei der AFD-nahen "Jungen Freiheit".

vgl dazu auch "Wettkampf der Ahnungslosen oder politische Funktionalisierung?"

Hauptvorwurf der AFD: Kollektivierung der Leistungsbeurteilung. 

"Der Sport und seine Werte müssen wieder (!?) integraler Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens werden. Dazu gehört auch das klare Bekenntnis zum Leistungsgedanken und zur Leistungsförderung im Sport." (Arbeitskreis Sport der AFD)

"Im Zusammenhang mit der Kollektivierung der Leistungsbeurteilung in Relation zu einer Jahrgangsstufen- oder Klassenleistung wird nach Auffassung der Fragesteller deutlich nicht nur gegen den ursprünglichen Charakter der Bundesjugendspiele als Individualwettbewerb, sondern auch gegen den Charakter von Leichtathletik, Schwimmen und Turnen als Einzelsportarten verstoßen." (Kleine Anfrage im Bundestag 8.9. 2023)

Diese Aspekte werden in (teilweise verwirrenden und kuriosen) 25 Haupt- und 47 Unterfragen eingebettet.

Am 27.9. antwortet die Bundesregierung. 
Änderungen, die mit dem Schuljahr 2023/2024 in Kraft treten, stellen aus Sicht
der Bundesregierung keine Umstellung auf einen leistungskollektivierenden Wettbewerb dar. Alles wird beantwortet, bis hin zur Frage, ob e-sport Teil der Bundesjugendspiele werden solle.
 
 

Fazit - Konsequenzen
Die AfD will sich als normaler pädagogischer und politischer Gesprächspartner für die Strukturen des Sports in Stellung bringen und verzichtet weitgehend auf schrille - aber durchaus vorhandene - völkische Töne. 

Vorsicht ist angebracht:
Positionen der AFD sollten keine Chance in der Schule haben. Das gilt auch für wohlklingende Ratschläge und Unterstützungsangebote.
Es gibt durchaus Einfallstore für rechtsextreme Positionen, z.B. bei der Zusammenarbeit Schule-Verein oder bei der Elternmitwirkung. 

Rassistische, antisemitische, intolerante und diskriminierende Positionen müssen aber auch im Unterricht beachtet und bearbeitet bzw. zurückgewiesen werden. 

Sportunterricht, der neben sportmotorischen Kompetenzen auch Zielen wie Fairness, Toleranz, Solidarität und Respekt verpflichtet ist, hat damit auch die Aufgabe, demokratische und humane Werte zu befördern.


P.S.: 
Der Faschist, Oberstudienrat und Sportlehrer B. Höcke ist immer noch Beamter des Landes Hessen. Das macht fassungslos.
 
 

TIPP  -Sport mit Courage - Deutsche Sportjugend
 



Rolf Dober