Rolf Dober -  Projekt "Fair Play im Sport"
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Das Projekt ist für 4 Unterrichtstage konzipiert (ca. 12-14 Stunden). 

Hinzu kommt eine Präsentation der Ergebnisse. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der Klassen 7- 9 (Gymnasium). Im konkreten Projekt 17 Jungen und 3 Mädchen. Viele von ihnen haben das Projekt nicht wegen des Themas "Fair Play", sondern deshalb gewählt, weil Sport gemacht werden soll.

       Projektablauf
1. Tag : "Was ist Fair Play ?"

Ziel: Erste Auseinandersetzung mit der Fair-Play-Gedanken. Kennenlernen wichtiger Auffassungen zur Frage: "Was ist Fair Play?". Bildung von Arbeitsgruppen. Einbeziehung sportlicher Praxis.

Inhalte:

Zu Beginn wird der ca. 20-minütige Film "Fair geht vor" von der DOG (kann dort bezogen werden ) gezeigt. Er beschreibt den Fairness-Gedanken, aber auch Probleme im Leistungssport (Härte, Doping) und problematische Haltungen bei Trainern, Funktionären, Eltern. Perspektiven für einen fairen Sport werden gewiesen.

Anschließend werden verschiedene Fair-Play-Definitionen im Klassenraum aufgehängt und besprochen.
Der Gefahr einer kognitiven Überfrachtung soll mit zwei weiteren Unterrichtsphasen begegnet werden.

1. Erlebte Situationen im Sport, wo unfair gehandelt wurde

Die Schüler/innen beschreiben eine selbst erlebte Situation der Unfairness. Danach werden die Zettel eingesammelt und neu ausgeteilt, so dass nun ein anderer Schüler die Situation kommentieren muss. Schließlich wird noch einmal eingesammelt und jede(r) liest nun einen beliebigen Zettel vor. Anschließend nimmt die Gruppe kurz Stellung.

(Neben übertriebener Härte wurden vor allem schlechte Erfahrungen mit Schiedsrichtern kritisiert. Ein Aspekt, den ich in den kommenden Tagen aufgreifen will, indem die Schüler selbst verstärkt Schiedsrichterfunktionen wahrnehmen sollen).

2. "Fair Play ist, wenn.....(Pantomimen)

Vorgegebene Aussagen zum Fair Play müssen in Kleingruppen besprochen und pantomimisch dargestellt werden. Die anderen Gruppen versuchen die jeweiligen Aussagen zu erraten.
(Durch diese Unterrichtsphase kam jetzt mehr Bewegung in die Gruppe, die anfangs etwas steife Unterrichtssituation wurde gelockert. Vor allem wurde der Umgang mit den Aussagen zu "was ist Fair Play" spielerisch geübt).
 

3. Bildung von Arbeitsgruppen. Aufgaben zur Fair-Play-Ausstellung

Aufgabe: Herstellung eines Videofilms, eines Posters oder einer Internetseite

Ich stelle mein Unterrichtsvorhaben vor. Thematische Eingrenzungen werden anhand der Ausstellung des LSB Rheinland-Pfalz Fair Play im Sport - eine Ausstellung für die Schulen vorgenommen. Die Ausstellung hängt in kopierter Form im Klassenraum und soll während der gesamten Projektwoche immer wieder Denkanstöße geben. Das Schülerbegleitheft mit vertiefenden Aufgabenstellungen (zu beziehen bei der Deutschen Olympischen Gesellschaft gibt weitere Hinweise.
 

 
Erst jetzt soll eine schriftliche Ideensammlung die eigene Gruppenarbeit einleiten. Mein Vorschlag ist, erst einmal alles aufzuschreiben, was so zum Thema einfällt und vor allem das Thema auf einen Schwerpunkt einzugrenzen. Mehr soll am ersten Tag noch nicht geschehen. Ein weiterer kleiner Film zeigt noch einmal, was die Vernachlässigung des Fair-Play-Gedankens im Sport bedeutet.

 
 

4. Basketballspiel

Abschluss des ersten Tages ist ein kleines Basketball-Turnier. Ich weise bewusst nicht darauf hin, besonders fair zu spielen. Problematisiert wird aber:

a. die Mannschaftsbildung (unterschiedliche Spielerfahrungen) und die Möglichkeit des Wählens (mögliche Diskriminierung der zuletzt Gewählten).

b. das Regelsystem (Vereinfachung der Regeln aufgrund unterschiedlicher Vorerfahrungen)

c. die Schiedsrichterfunktion (4 Schüler erklären sich auf mein Drängen bereit, Schiedsrichter zu sein).

(Es fällt auf, dass sich alle Schüler/innen - trotz großen Einsatzes- bemühen, fair zu spielen. Schiedsrichterentscheidungen, auch wenn sie problematisch sind, werden akzeptiert).
 

2. Tag: Regeln, Regelveränderung und Fair Play
Ziele: Wenn Fair play auch mehr ist als das Einhalten von Regeln, so muss doch auch über die Bedeutung, das Zustandekommen und die Veränderbarkeit von Regeln gesprochen werden. Dies soll in der Auseinandersetzung mit selbstgestalteten Regeln geschehen.

Ich gebe den Rahmen für ein Spiel vor, der von den Schülern ausgestaltet und während des praktischen Sports verändert werden soll.

"Blitzball" - Regeln entwickeln, Regeln verändern

Vorgabe: Zwei Mannschaften spielen gegeneinander und versuchen einen Medizinball auf der Grundlinie der gegnerischen Mannschaft abzulegen. Der Ball darf nur nach hinten abgespielt werden. Es darf mit dem Ball gelaufen werden, allerdings nur so lange, bis der ballführende Spieler abgeschlagen wird. dann sind nur noch zwei Schritte möglich.

Die Schüler/innen müssen nun überlegen, welche weiteren Regelungen getroffen werden müssen, damit das Spiel gelingt und keine unnötige Härte entsteht. Die Funktion von Regeln wird diskutiert, aber auch die Möglichkeit, Regeln nach den Bedürfnissen der Spieler und den besonderen Gegebenheiten zu verändern.

(Da die Besprechung im Klassenraum durchgeführt wurde und erst danach in die Halle gegangen wurde, war das Gespräch von einer erstaunlichen Problembezogenheit gekennzeichnet).

Die Gruppe einigt sich auf folgende weiteren Regeln:

  • Körperberührung (außer Abschlagen) ist ein Foul
  • Nach dem Abschlagen darf der Ball höchstens 5 Sek. gehalten werden
  • Es soll mit Seitenaus gespielt werden
  • Halten zwei Spieler den Ball gleichzeitig fest, wird der Ball vom Schiedsrichter in der Mitte des Spielfeldes eingeworfen, wobei alle Spieler auf ihrer Grundlinie stehen
  • Vier Spieler sollen in einer Mannschaft sein
  • Auch die Möglichkeiten einer gerechten Mannschaftsbildung werden besprochen ( Einigung auf Wählen). Die Schiedsrichter (wahrlich keine einfache Aufgabe bei diesem Spiel )werden wieder aus der Gruppe gestellt; die Bereitschaft ist sofort vorhanden.

    Erwartungsgemäß verlaufen die ersten Spielversuche schwierig. Die Mannschaften spielen sich selbst an die eigene Wand, da keine systematischen Abspielmöglichkeiten geschaffen werden und sich immer wieder Spieler nach vorne freilaufen wollen. "Bei dem Spiel kann man gar keinen Punkt machen", sind die ersten kritischen Aussagen, die aber bald von der Realität widerlegt werden. Ich weise noch darauf hin, dass die Mannschaften eine Taktik entwickeln sollen. Nun läuft das Spiel recht gut und macht offensichtlich auch Spaß. Trotzdem greife ich nach vier Spielen ein und frage nach Möglichkeiten der Regelveränderungen. Viele Ideen erweisen sich als unpraktikabel (Abspiel würde noch schwieriger). Zwei Änderungen finden dann aber doch noch allgemeine Zustimmung:

    - Ein festgelegter Spieler pro Mannschaft darf nach vorne spielen

    - nach Punkterfolg darf die andere Mannschaft einmal zusätzlich auch durch einen anderen Spieler nach vorne spielen (was im Spiel aber wieder vergessen wurde).

    (Die gesamte Spielphase dauerte ca. 55 Minuten. mein Eindruck war, dass mit Spaß und auch wirklich fair gespielt wurde. Meine Vermutung, dass zusätzliche Regelungen wegen zu großer Härte getroffen werden mussten, bewahrheitete sich nicht).

    Die Erfahrungen mit den selbstgestalteten Regeln werden kurz besprochen und nach einer kurzen Pause geht es mit den Gruppenarbeiten weiter.

    Fortsetzung der Gruppenarbeit

    Ich habe allen Gruppen ein Arbeitsblatt vorbereitet, in dem sie ihr besonderes Anliegen der Arbeit/ihre Zielsetzungen beschreiben sollen. Die Videogruppen sollen zusätzlich einen genauen Ablaufplan (Drehbuch) herstellen, damit die eigentliche Filmarbeit im zeitlich überschaubaren Rahmen bleibt. (Die Gruppen kommen gut voran, ich merke aber, dass gerade die jüngeren Schüler konkrete Hilfestellungen brauchen, damit ihre Arbeit nicht zu oberflächlich wird. Ich weise dabei immer wieder auf die Fair-Play-Ausstellung hin, die im Klassenraum ausgehängt ist und die viele Anregungen bietet).

    Abgeschlossen wird der zweite Projekttag mit einer Stunde freiem Tischtennisspielen.( Zunächst hatte ich überlegt, an den verschiedenen Platten vorgegebene Sinngebungen, z.B. "nur der Sieg zählt", "Freude in der Gruppe", "Unterstützung schwächerer" etc. umzusetzen. Ich will aber auch nicht zu sehr pädagogisieren, zumal schon 4 Stunden Projektarbeit hinter uns liegt. ) Die freie Situation schafft eine gute Atmosphäre. Open end: wer gehen will, kann gehen.

    3. Tag: Fortführung der Gruppenarbeit
    Sport: Hockey, Fußball
    Ziele: Weitere Auseinandersetzung mit der Fair-Play-Problematik; Reflexion eigenen sportlichen Handelns
     

     
    Die Gruppen sollen ihre Produkte fertig stellen.
    (wobei dies wg. eines Defektes an der Videoanlage leider nicht für alle Gruppen klappt).
    Mit den Sportarten Hockey und Fußball sind zwei Sportarten angesprochen, die hohen Einsatz verlangen, die aber auch die Schädigung des Gegners beinhalten können.
    Ich spreche die möglichen Probleme zu Beginn der Spiele nur kurz an, konfrontiere aber einzelne Schüler mit dem Spiel, indem ich Videointerviews mit den gerade pausierenden Spielerinnen und Spielern durchführe (die auch in den Projektfilm eingehen sollen). Natürlich läuft nicht alles so fair ab. Wichtig ist mir aber, dass dies erkannt und angesprochen wird. Außerdem frage ich immer noch mal nach, was denn eigentlich Fair Play ist. In der Sporthallensituation ist dies für viele gar nicht so leicht zu beantworten. Zunächst kommt meist nur die spontane Antwort: "wenn man nicht foul spielt." Aber nach kurzem Nachdenken kommen dann doch noch weitere Bestimmungen, die Inhalt unserer Projektarbeit waren.

    Zu stark will ich aber ins Spielgeschehen nicht eingreifen.
     

    4. Tag: Vorbereitung der Ausstellung zum Präsentationstag

    Ziele: Nachdenken über die Erfahrungen in der Projektwoche; Präsentation von Ergebnissen für Eltern und Schüler

    Aus den von mir zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien und den selbst hergestellten Produkten soll eine kleine Ausstellung im Projektraum vorbereitet werden. Dabei möchte ich die Schüler noch einmal mit der Frage konfrontieren, was wir anderen über Fair Play vermitteln wollen. Sie sollen eine Mischung aus Plakaten, Postern und den Videos arrangieren und den Raum entsprechend gestalten. Wichtig ist mir jetzt auch, dass sie Verantwortung für das Projekt nach außen hin übernehmen.

    Neben den eigenen Arbeiten wird auch die Fair-Play-Ausstellung des Landessportbundes Rheinland-Pfalz gezeigt. Dass nun auch die Öffentlichkeit einen Blick auf unsere Arbeit werfen kann, wird nicht von allen als positiv aufgenommen. Es sei ja peinlich, wenn man dies oder das im Video sehe. Trotzdem ist der Ausstellungsraum schnell gestaltet und während der Präsentation am Nachmittag auch gut besucht.

    Jeweils 2 Schüler/innen sind jeweils eine Viertelstunde für den Raum verantwortlich.
     
     


    Abschluss - Projektauswertung
    Da es Herbstferien gibt, soll eigentlich nur noch aufgeräumt werden. Da dies bei uns sehr schnell geht, bleibt noch Zeit für ein Abschlussgespräch bzw. eine Auswertung.

    Die Projektwochenzeitung hatte ziemlich schlecht von unserem Projekt berichtet. Es sei langweilig und es würde nur geredet ("Denksport").
     

    Ich greife dies auf und stelle es zur Diskussion. Auch meisten Schülerinnen und Schüler zeigen sich über den Bericht verwundert, denn die Zeitungsmacher hatten sich gar nicht über die Inhalte des Projekts erkundigt oder die Gruppe befragt. Lediglich ein Schüler war kurz befragt worden, meinte aber, so hätte er es auch nicht gesagt.


    Viele meinen, es hätte noch mehr Sport getrieben werden sollen, die Arbeit an den Produkten habe Spaß gemacht. Und das Sporttreiben sei gut gewesen. Über Fair Play wird wenig gesagt.

    Um wirklich von allen Schülern eine Rückmeldung zu bekommen, wähle ich zwei Wege. In einer ersten Runde muss jede(r) sagen, was gefallen hat und was nicht (Ergebnisse s.o.).

    Inwieweit die Fair-Play-Problematik deutlicher gesehen wird, soll ein Fragebogen zeigen.
     
     

    Was ist für dich das Wichtigste am Fair Play? Verlieren können(2); nicht Foulen(4); den Gegner achten(1); die Gesundheit und Wohlergehen der Gegenspieler achten(3); das Miteinander im Spiel(2); kein Doping(1); eigene Fehler einsehen(1); Regeln einhalten(2); auch vom Gegenspieler geachtet werden(1); Fair Play (1) (?)
    Würdest du bei Bedarf deinen Klassenkameraden die Bedeutung des Fair Play erklären? 12 mal JA (teilweise mit Nachdruck, 2 mal mit leichter Skepsis, weil man evtl. unangenehm auffällt) 
    7 mal NEIN ( zwei mal die Begründung, dass jeder selber wissen muss, was er tut)
    1 mal VIELLEICHT
    Wann ist nach deiner Meinung unfaires Verhalten gerechtfertig?

    (Die Probe aufs Exempel)

    Grundsätzlich Nie( 7) (Immerhin!)
    Wenn es unabsichtlich ist (2)
    In gewissen Situationen(11) (wenn der Gegner auch unfair spielt; beim Handball gehören kleine Fouls dazu; wenn ich sonst auf der Reservebank sitzen muss; wenn es um etwas geht; in den letzten Sekunden eines wichtigen Spiels)
    Sollte auch im Sportunterricht über Fair Play gesprochen werden? JA (11)
    Es geht ohnehin fair zu (4)
    NEIN (5) - Begründungen: Zu wenig Zeit; Reden bringt nichts
    Was hat dir am Projekt gefallen? 17 mal wird der Sport und das Spiel positiv gesehen;
    dabei werden auch das faire Sporttreiben und die Regeländerungen erwähnt (2); die Ausstellung (5); Video und Poster (2); Internet; Selbermachen; Alles (1)
    Was hat dir am Projekt nicht gefallen? Zu wenig Sport (7);
    die Ausstellung (5); der späte Zeitpunkt der Ausstellung (5); Gelabere/ewiges Reden (2); zu wenig Mädchen (von einem Mädchen); zuviel schriftlich; Film über Fair Play; Video ; Nichts (1)

    Das Thema Fair Play kann sicher nicht in 4 Tagen abgehandelt werden.
    Die verschiedenen Ebenen lassen sich nur in einem längeren Zeitraum bearbeiten.
    Doch wo und wie soll dies geschehen ?
    Geht man davon aus, dass es sich um ein ganz wichtiges Thema handelt, das im engen Zusammenhang auch mit anderen gesellschaftlichen Bereichen steht, bedarf es fächerübergreifender Ansätze und auch der außerschulische Sport, Eltern, Trainer, Funktionäre müssen einbezogen werden. Unfairness wird oft immer noch mit Cleverness gleichgesetzt und zum Teil sogar gefordert.

    Inwieweit das Projekt hier einen kleinen Gegenakzent setzen konnte, ist schwer zu beurteilen. Dass es nicht einfach ist, in dieser Altersgruppe an diesem Thema zu arbeiten, wurde mir im Verlauf der Woche klar. Gerade einige Jungen tun sich schwer, die Achtung und Anerkennung des Gegners offen zu bekennen.

    Obwohl ich die Schüler sehr wenig mit theoretischen Ansichten konfrontierte, wurde der theoretische Aspekt von einigen kritisiert. Das verweist m. E. auf die Bedeutung des Sporttreibens, allerdings auch auf die Frage, wie man Sport in der Schule so arrangieren kann, dass man über den rein motorischen Aspekt hinauskommt und soziales Lernen integraler Bestandteil des Unterrichtsprozesses wird. Von der Didaktik vielfach begründet und gefordert, bleibt dieser Aspekt unter dem Druck schulischer Alltagsbewältigung leider oft genug auf der Strecke.

    Das Aufgreifen des Fair-Play-Gedankens im Sportunterricht ist sicherlich eine wichtige Sache. Mit Belehrungen ist aber wenig, vielleicht sogar nur das Gegenteil zu erreichen. Praktische Konzepte, die dem Miteinander (auch im Gegeneinander), dem Erleben von eigenen motorischen und körperlichen Fähigkeiten (nicht auf Kosten anderer) und dem selbsttätigen Entdecken von Neuem einen zentralen Raum geben, dürften sich hier besser eignen.

    Die Stärkung von Kindern und Jugendlichen im umfassenden Sinn,
    das sollte unsere Herausforderung sein !

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