Vom Anfänger zum Könner - Phasenmodell des Aufbaus der Bewegungskoordination
  Konsequenzen für die Gestaltung des Lehr-/Lernprozesses

 



1.
Lies den Text genau durch und überlege dabei, welche Beispiele aus deiner Lieblingssportart oder
einer selbstgewählten Bewegung die Aussagen des Textes stützen können.

2.
Welche Fehler bei der Vermittlung einer Bewegung sollten in der ersten Lernphase unbedingt vermieden werden?

3.
Wie kann man Anfängern helfen, die bei der Ausführung einer Bewegung gleich mehrere deutliche Fehler zu machen?

4.
Gibt es Möglichkeiten einer speziellen (kinästhetischen) Wahrnehmungsschulung im Sport?

 

  • Eine zielklare pädagogische Führung in der ersten Phase des motorischen Lernprozesses muss von den im konkreten Fall vorliegenden Bedingungen und Voraussetzungen ausgehen. Hier muss an erster Stelle das motorische Ausgangsniveau genannt werden. Ist beispielsweise das Niveau der motorischen Fertigkeiten nicht ausreichend, so müssen dem Lernprozess bestimmte vorbereitende oder Vorübungen vorangestellt werden. Das trifft besonders für die koordinativen Fähigkeiten zu, deren Niveau jeweils möglichst genau eingeschätzt werden sollte...

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  • Weiterhin sehr bedeutsam sind die Lernaktivität und die Lernmotivation. Es gilt, die Ausgangssituation des Lernenden richtig einzuschätzen und, davon ausgehend, Motive zu schaffen oder zu verstärken und sie im Verlauf der ganzen Lernphase zu erhalten.

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  • Das Aufnehmen und Erfassen der Lernaufgabe steht für den Lernenden am Anfang des motorischen Lernprozesses. Das Stellen der motorischen Lernaufgabe durch den Sportlehrer oder Trainer muss daher mit Sorgfalt und Überlegung erfolgen, weil davon sowohl Lernmotivation und Lernaktivität als auch die erste grobe Vorstellung von der zu erlernenden Bewegung maßgeblich bestimmt werden. Die Aufgabenstellung muss präzise und verständlich sein. Sie erfolgt verbal und durch Demonstration. Der Lehrende hat dabei die Kenntnisse und vor allem die Bewegungserfahrungen des Lernenden zu berücksichtigen. In jedem Falle sollte die motorische Aufgabenstellung auch erste Aussagen zur Grundstruktur der Bewegung enthalten.

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  • Zusätzlich zur Aufgabenstellung und zur Demonstration gegebene Erklärungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie zur Lösung der Aufgabe unumgänglich sind. Sie sollten beim bewegungsunerfahrenen Anfänger auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Die Ganzheitlichkeit der Handlung steht im Vordergrund. Sind Hinweise auf Einzelheiten des Bewegungsablaufes für das Gelingen erforderlich, dann darf immer nur ein Hinweis gegeben werden; denn auf mehrere Phasen oder Momente der Bewegung kann der Lernende seine Aufmerksamkeit nicht gleichzeitig richten.

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  • Der Lernende muss, wenn er die Aufgabe verstanden hat, sofort zu praktischen Versuchen, zum Üben des Bewegungsablaufes geführt werden. Nur in Verbindung mit den eigenen motorischen Erfahrungen des Lernenden beim Üben der neuen Bewegung werden weitere verbale Informationen durch den Lehrenden und darüber hinaus auch weitere Demonstrationen wirksam, um die Bewegungsvorstellung zu konkretisieren.

  • Der Übungsprozess und die Übungsbedingungen sind nach Möglichkeit so zu organisieren, dass der Lernende schon nach wenigen Versuchen zur ersten gelungenen, wenn auch noch unvollkommenen Ausführung der ganzen Bewegung gelangt. Nur dadurch erhält er in Form der Reafferenzen die notwendigen sensorischen, speziell die kinästhetischen Informationen, die zur Vervollkommnung des Handlungsprogramms und der damit verbundenen Herausbildung der Grobkoordination erforderlich sind.
     
  • Folgende Bedingungen sind zu schaffen, um ein baldiges Gelingen der geforderten Übung zu ermöglichen:

  • Der Lernende soll frisch, ohne stärkere Ermüdungserscheinungen, aber gut vorbereitet beziehungsweise erwärmt sein. Er muss sich auf jeden Versuch gut konzentrieren und möglichst in einer ruhigen, konzentrationsfördernden Atmosphäre üben können. Die Übungsbedingungen können erleichtert werden, um die Sturzgefahr zu mindern und dem Übenden die Angst zu nehmen oder um den Bewegungsablauf zu unterstützen...

    Spiel-, Sport- und Turngeräte müssen dem Lernenden und seinem Entwicklungsstand angepasst sein. Sie sind in langjähriger Entwicklung bereits so vorgeformt, dass sie einen regulierenden Einfluss auf die Bewegung ausüben. Ihr erster Gebrauch provoziert bereits über die bewegungslenkende (kinästhetische) Reafferenz eine Regelung des Bewegungsvollzuges (besonders instruktive Beispiele: Rudern, Flossenschwimmen). Das bedeutet unter anderem auch, dass Geräte für Kinder und Jugendliche deren körperlichen Bedingungen entsprechen müssen.

    Schließlich gehört zur Schaffung günstiger Übungsbedingungen auch das Üben mit aktiver Unterstützung, wie es allgemein aus dem Gerätturnen bekannt ist...
     

  •  Bei Bewegungsleistungen, deren Anforderungsprofil sowohl Genauigkeit als auch Schnelligkeit enthält, darf bereits in der ersten Lernphase, soweit möglich, die Schnelligkeit nicht aus Gründen der Erleichterung vernachlässigt werden. Eine zunächst nur verlangsamter Ausführung erlernte Bewegung führt zur Herausbildung einer völlig anderen Bewegungskoordination (Steuerung und Regelung), als sie für die Zielbewegung erforderlich ist...

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  • Hinweise, Korrekturen und Demonstrationen sollten so gegeben werden, dass sie der Lernende auf seine eigenen Bewegungsempfindungen und seine noch unvollkommene Bewegungsvorstellung beziehen kann. Hier ist ein kurzer Impuls zur Verdeutlichung des dynamischen Höhepunkts im Bewegungsvollzug meist wirkungsvoller als die Beschreibung mittels vieler Worte."

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      (Meinel/Schnabel 1998, S.169f.)

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