Nachtausgabe 24.6.86

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Der
Tag des Herrn
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Wahrscheinlich war El Pibe,
der Wuschelkopf, der jüngste Nationalspieler aller Zeiten. Kaum hatte
er aufgehört, in Fiorito, einem ärmlichen Viertel in Buenos Aires,
mit Blechdosen und Stoffknäueln zu kicken, da rief ihn Cesar Luis
Menotti in die Nationalelf. Diego Armando Maradona war 16 Jahre alt.Was
dieser Junge mit den Füßen kann, schwärmte Menotti, schaffen
wir Sterblichen nicht einmal mit den Händen. Das Unfassbare stellte
sich zehn Jahre später heraus: Dieser Wuschelkopf war sogar mit den
Händen noch besser als jeder Sterbliche. |
22. Juni 1986. Jeder anständige
Engländer verflucht diesen Tag noch heute und ruft "Beschiss!" Es
war im Aztekenstadion in Mexiko City, es war das WM-Viertelfinale, und
es war der Tag, an dem Maradona sein Fingerspitzengefühl bewies. Die
Kugel flog in den Strafraum, Torwart Shilton wollte sie herunterpflücken
wie eine Kirsche vom Baum - da zuckte die Hand Maradonas hoch, der Schiedsrichter
schlief, und der Ball lag im Tor.
Der Schütze betete zum
Himmel, machte später mit zwei Fingern das V, das Victory-Zeichen,
und er hatte auch kein Problem, als sie ihn fragten, wie er sich und der
Welt dieses Tor denn erklären wolle. Das, sagte er glücklich,
war "die Hand Gottes". |