Sportunterricht.de
 Die "Sprint-Studie"
 

Eine Untersuchung zur Situation des Schulsports in Deutschland

Am 5. Juli 2005 hat Prof. Brettschneider von der Universität Paderborm einen umfassenden Abschlussbericht der Schulsportstudie "Sprint" vorgelegt.
Bereits im Dezember 2004 waren wichtige Einzelergebnisse vorgestellt worden.

Aus der Vielzahl der Ergebnisse der Studie wird an dieser Stelle der letzte Abschnitt (Handlungsempfehlungen für eine zukünftige Schulsportentwicklung) zitiert.

weitere Materialien zur Studie (Sportunterricht.de)


 
 

"...

7. Handlungsempfehlungen
(Helmut Altenberger, Wolf-Dietrich Brettschneider, Christoph Breuer, Rüdiger Heim, Robert Prohl, Volker Rittner, Werner Schmidt)

Die Fülle der genannten Ergebnisse und Erkenntnisse aus den schriftlichen Befragungen und mündlichen Interviews lässt sich bündeln in zentrale Handlungsempfehlungen für die einzelnen untersuchten Bereiche. Stichwortartig zusammengefasst lauten die Handlungsempfehlungen

(1) mit Blick auf die programmatischen Grundlagen des Schulsports in Deutschland:

  • Hinsichtlich des erweiterten Spektrums der Unterrichtsinhalte stellt sich die Frage, auf welche Weise ein Identitätskern des Unterrichtsfaches „Sport“ bewahrt werden kann und wie der inhaltliche Kern aussehen soll.
  • Klärungsbedarf besteht hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmung des Begriffs Bewegungsfeld. Hier herrscht erhebliche gegenwärtig „föderale Verwirrung“. Durch Vereinbarungen – etwa im Rahmen der Kultusministerkonferenz – könnte dieses Problem zukünftig vermieden werden.
  • In Bezug auf die aktuelle schulpädagogische Diskussion sind bildungstheoretisch reflektierte Standards im Sinne von Bildungsstandards zu entwickeln.
  • Im Kontext eines Erziehenden Sportunterrichts werden hohe pädagogische Ansprüche an die Unterrichtskompetenz der Sportlehrer gestellt. Kultusministerien und Schulämter sind aufgefordert, flächendeckende Fortbildungsmaßnahmen zur inhaltlichen und methodischen Gestaltung eines Erziehenden Sportunterrichts durchzuführen.
  • Durch die neuen BA/MA-Studiengänge dürfte sich das Problem vor allem in der Ausbildung der Studierenden verschärfen – sowohl was die Vermittlungder sportpraktischen als auch der pädagogischen Kompetenz angeht. Die Sportlehrerausbildung ist in diesem Kontext zu überdenken und zu reformieren.
(2) mit Blick auf die Rahmenbedingungen des konkreten Schulsports:

Sportstätten

  • Investitionen in Schulsportstätten sind vonnöten und dürfen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden.
  • Soll das bildungs- bzw. schulpolitische Programm der Ganztagesbetreuung erfolgreich umgesetzt werden, sind Sportstätten-Nutzungsgebühren für freiwillige und kooperative Schulsportangebote zu reduzieren bzw. zu modifizieren.
  • Bei der Schließung von Schulen in Regionen mit stark rückläufigen Schülerzahlen sollte die Sportstättenversorgung von Schulen unbedingt als Kriterium in die Entscheidungsfindung eingehen.
  • Der organisierte Sport sollte eine umfassende Bäderpolitik starten, die insbesondere auch auf die hinreichende Versorgung von Schulen mit Schwimmsportstätten abzielt.
Umfang des Sportunterrichts, Qualifikation der Sportlehrer
  • Es muss sichergestellt sein, dass der Sportunterricht zumindest im vereinbarten und in den meisten Lehrplänen verankerten Umfang erteilt wird. Dies gilt für alle Schulformen und –stufen, vor allem aber für die Hauptschule
  • In der Grundschule ist die tägliche Spiel- und Bewegungszeit anzustreben.
  • Für Sportlehrer sind „schöpferische Phasen“ vorzusehen. Dabei sind die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Interesse eines zeitgemäßen Sportunterrichts an die Veränderungen der Bewegungswelten der Heranwachsenden anzupassen.
  • Der Anteil des fachfremd erteilten Sportunterrichts ist zu reduzieren. Dies gilt vor allem für den Grund- und Hauptschulbereich.
  • Herrscht in der Grundschule das Klassenlehrerprinzip vor, so ist in der ersten Phase der Lehrerausbildung und/oder durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen  die notwendige fachliche Kompetenz sicherzustellen.
  • Für die Zielgruppe der fachfremd unterrichtenden Sportlehrer (durch das Klassenlehrerprinzip an den Grundschulen) sind zielgruppenadäquate Fortbildungsangebote zu konzipieren. Diese Angebote könnten sich auch an den bereits von der dsj für den Kinder- und Jugendsport initiierten Programmen und Konzepten orientieren.
  • Qualitätssicherung ist im Bereich des Schulsports noch Neuland. Hier bedarf es vermehrt Anstrengungen auf Schulebene. Zudem ist die kontinuierliche Einstellung qualifizierter junger Lehrer unerlässlich.
(3) mit Blick auf die Gestaltung des Sportunterrichts:
  • Bei der Festlegung der Ziele und Inhalte des Sportunterrichts sind – entwicklungsgemäß begründet – auch die sportlichen Interessen der Schüler zu berücksichtigen.
  • Um die Schüler in ihrer Entwicklung zu fördern, müssen sie auch gefordert werden. Die Sportnote darf nicht zur kosmetischen Beigabe degenerieren, sondern sollte in erster Linie – und für Schüler erkennbar – Leistung, Anstrengung und Lernfortschritt bewerten.
  • Innovative Sportaktivitäten sind verstärkt zu implementieren. Hier bedarf es eines geeigneten Weiterqualifizierungsangebots für Sportlehrer.
  • Der Stellenwert des Sports innerhalb der Schule ist über positive Anerkennungsverhältnisse zu stärken und zu verbessern. Die Schulleitung sollte das sportbezogene Engagement von Lehrern und Schülern aktiv unterstützen.
  • Das Potenzial des Schulsports zur Entwicklung eines positiven Schulklimas ist konsequent zu nutzen. Sport als integraler Bestandteil des Schullebens gehört in jedes Schulprogramm.


(4) mit Blick auf den außerunterrichtlichen Schulsport:

  • Das Potenzial des außerunterrichtlichen Schulsports zur Profilbildung der Schulen ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Strategisches Wissen zur Entwicklung schulspezifischer Initiativen und Lösungen ist gezielt zu vermitteln.
  • Das außerunterrichtliche Schulsportangebot darf nicht dazu missbraucht werden, den außerunterrichtlichen Schulsport gegenüber Pflichtsportstunden als Ersatz oder Kompromisslösung zu nutzen.
  • Für die Organisation und Durchführung von außerunterrichtlichen Sportangeboten ist der zusätzliche Arbeits- und Zeitaufwand der Sportlehrkräfte angemessen zu honorieren. Arbeitszeitregelungsmodelle sind kontraproduktiv.
  • m Kontext der strukturellen Maßnahmen zur Schulentwicklung ist dem Sport ein angemessener Stellenwert zuzuschreiben (z. B. Ganztagsschule).

  • Bei der Umsetzung des Konzepts der „Bewegten Schule“ (derzeit an jeder 4. Schule realisiert) besteht großer Handlungsbedarf. Neben den Sportlehrkräften ist vor allem die Schulleitung gefordert, die Zusammenarbeit mit potenziellen Partnern zu suchen...."


zurück
Sportunterricht.de - Materialien für Lehrer und Schüler