Deutscher Sportbund feiert 50. Geburtstag

Vom 06.12.2000

HAMBURG (dpa) – Bundespräsident Johannes Rau wird kommen, Boris Becker auch und dazu eine nach Hunderten zählende Festgemeinde. Über drei Tage wird in Hannover der 50. Geburtstag des Deutschen Sportbundes (DSB) gefeiert.

Der Bundespräsident steht als Schirmherr des deutschen Sports für eine über die Jahre ertragreiche Partnerschaft mit der Politik. Der Tennisstar personifiziert die Erfolge des deutschen Sports im vergangenen halben Jahrhundert, aber auch seine Gefährdungen und seine neuen Herausforderungen. Der ganz junge Becker war das Ergebnis von Talentsichtung und Förderung im DSB. Der Profi Becker wurde zu einem selbstständigen Unternehmer, der schließlich den Bindungen zum organisierten Sport entwachsen war.

 Innerhalb von 50 Jahren ist der DSB auf 26,8 Millionen Mitglieder gewachsen. Fast jeder dritte Deutsche ist damit in einem Verein organisiert. Von diesen großen Zahlen leitet der Dachverband seinen Anspruch als größte Bürgerbewegung dieser Republik ab, vergleichbar dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Wie der DGB hat der DSB als gesellschaftspolitische Kraft viel bewegt und das Nachkriegsdeutschland mit gestaltet.
 


 
 

 Doch bietet die Festveranstaltung mit Rau am Freitag nicht nur Anlass zum Feiern. Denn was am 10. Dezember 1950 als Einheitssport aus der Taufe gehoben wurde, gerät in Gefahr, immer weiter auseinander zu driften. Der deutsche Sport – das ist mittlerweile ein janusköpfiges Gebilde. Der DSB ist längst ein Dachverband mit reduzierter Zuständigkeit und begrenzter Haftung geworden. Sein fünfter Präsident, Manfred von Richthofen, drückt das so aus: „Der Präsident von Michael Schumacher, das bin ich nicht.“

 Die Gründerväter des DSB haben im Prinzip alles richtig gemacht. Einen Staatssport wollten sie nach den schlimmen Erfahrungen des Dritten Reichs nicht mehr haben. Wohl aber einen sich selbst verwaltenden Sport. Zu einem Glücksfall wurde die Wahl des damals 37-jährigen Willi Daume (Dortmund) zum ersten DSB-Präsidenten.

Aufbau einer föderalen Struktur mit den Verbänden und Landessportbünden als Träger des Dachs DSB, Festschreibung des Verhältnisses zum Staat über das Subsidaritätsprinzip, wonach der Sport grundsätzlich Sache der Sportorganisationen ist und der Staat nur da Hilfe leistet, wo deren eigenen Möglichkeiten nicht ausreichen – die zu Wohlstand gekommene Bundesrepublik wurde zu einer blühenden Sportlandschaft. Die Kampagnen „Zweiter Weg“, „Sport für alle“ und „Trimm dich durch Sport“ sorgten für eine beispiellose Aktivierung in der Breite. Der Einheitssport feierte seinen größten Erfolg 1966 mit der Vergabe der Olympischen Spiele 1972 an München.

 Spätestens mit der Übernahme des Chef-Sessels durch den nordrhein-westfälischen Spitzenpolitiker Willi Weyer 1974 hatte der Sport ein internes Problem. Er sprach nun durch den lautstarken und dynamischen FDP-Mann und durch NOK-Präsident Daume, der 1973 über eine Strukturreform vergeblich ein Comeback an die Spitze des organisierten Sports versucht hatte, mit zwei Stimmen. Weyer kämpfte 1980 für den Olympia-Boykott der Moskau-Spiele, Daume kämpfte dagegen und verlor.

 Als Richthofen 1996 mit seinen Fusionsbemühungen von DSB und Nationalem Olympischen Komitee (NOK) scheiterte, und zwar vor allem an seinem Rivalen, Daume-Nachfolger Walther Tröger, war die Mehrstimmigkeit des Sports bis auf weiteres festgeschrieben. Das schwächt seine Partnerschaft mit Politik und Wirtschaft. Und es verhindert eine Reform der nunmehr 50-jährigen Strukturen mit dem Ziel, alle Möglichkeiten des organisierten Sports zu bündeln. So stehen seine Aussichten nicht besonders gut, sich auch im neuen Jahrhundert kraftvoll zu behaupten.


 


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