Home

 
 
  Kinderzehnkampf
von Dirk Schulz
Die Disziplinen ...


 

 

  Einbettung in bestehende Konzepte

Wer sich mit Leichtathletik für Kinder beschäftigt, weiß um das veränderte Freizeitverhalten der Heranwachsenden, kennt die koordinativen Defizite, reagiert auf die neue Lernkultur und bemüht sich um motivierende und interessante Angebote. Bereits seit zehn Jahren ergänzen die alternativen Wettkämpfe national wie international die Wettkampfbestimmungen. „Die Resonanz auf dieses Programm kann jedoch nicht zufrieden stellen“ (Katzenbogner 2002).

Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtig. Viele Kollegen haben Vorbehalte gegen die neuen Konzepte, andere sind den traditionellen Formen verhaftet oder scheuen den Aufwand, sich in die neue Materie einzuarbeiten. Ein nicht selten genannter Kritikpunkt ist der intensive Materialaufwand, der zum Beispiel für Kids’ Athletics anfällt. 

Durchaus nicht in Opposition zu bestehenden Konzepten sondern in enger Verknüpfung mit ihnen soll der Kinderzehnkampf eine Ergänzung darstellen, die bekannte Übungen der Kinderleichtathletik kombiniert und zu einem spannenden und einfachen Wettkampf zusammenfasst. 
 

Pädagogisch didaktische Überlegungen

Der Kinderzehnkampf ist orientiert an den Wünschen, die Kinder Wettkämpfen entgegenbringen und den Ansprüchen die an die Kinderleichtathletik gestellt werden. So stehen neben den leichtathletischen Grundanforderungen schnell laufen, weit werfen, hoch und weit springen, vor allem koordinative Anteile im Fordergrund. Bei einigen Übungen wird die Fähigkeit, die eigenen Leistungsmöglichkeiten realistisch einzuschätzen, zum wichtigen Kriterium. So werden die wachstumsbedingt höchst unterschiedlichen Fähigkeiten der Kinder relativiert. Ein eher retardiert entwickeltes Kind, das sich durch koordinatives Talent und eine gute sportliche Intelligenz (Selbsteinschätzung) auszeichnet, hat Vorteile gegenüber dem Schnellentwickler, der nur über Kraft und Körpermaße viel leistet. Aus der Praxis wissen wir, dass es häufig die retardierten Kinder sind, die den langfristigen Ansprüchen einer sportlichen Entwicklung in der Leichtathletik eher entsprechen. 
 

Warum Zehnkampf ?

Der Kinderzehnkampf macht sich die Faszination der Königsdisziplin zu Nutze. Die Vorbehalte einiger konservativer Köpfe, Leichtathletik für Kinder sei keine „richtige“ Leichtathletik, werden widerlegt. In jeder Disziplin sind Technikmerkmale und der Grundablauf der Zehnkampfdisziplin erkennbar. Schwächen in dem einen oder anderen Disziplinblock lassen sich ausgleichen und irgendwo erringt fast jeder mal die volle Punktzahl. Trotzdem gewinnen am Ende diejenigen, deren Fähigkeiten am breitesten ausgelegt sind. So gehen die Kinder mit dem guten Gefühl nach Hause, einen echten Zehnkampf geschafft zu haben, der spannend war und Spaß gemacht hat. 
 

Wertung und Durchführung

Die Wertungsmaßstäbe sind transparent und einfach. In jeder Disziplin gibt es für jeden zwischen null und drei Punkten zu gewinnen. Abhängig von der Disziplin gibt es einen oder mehrere Probedurchgänge und ein bis drei Wertungsversuche. Im Sinne einer zügigen Durchführung können nicht in jeder Disziplin drei Versuche absolviert werden. 
Ausgelegt ist der Kinderzehnkampf als Mannschaftsdisziplin: Jeweils eine oder mehrere Mannschaften gehen mit einem Riegenführer von Station zu Station. Die Punktzahl jedes Kindes in jeder Disziplin wird erfasst und in eine Tabelle eingetragen. Die Summe aller Punkte einer Mannschaft entscheidet, wer gewinnt. Sind die Mannschaften unterschiedlich groß (zum Beispiel bei Schulwettbewerben) wird die Gesamtpunktzahl durch die Zahl der Mannschaftsmitglieder dividiert. Selbstverständlich kann nach diesem Modell auch eine Einzelwertung erfolgen. Auch eine Abzeichenwertung wie beim Mehrkampfabzeichen ist denkbar. 
 

Zeit, Raum, Helfer, Materialien

Bei 200 beteiligten Schülern dauert ein Wettkampf inklusive Erwärmung, Auswertung und Siegerehrung ungefähr drei Stunden. Jeder Sportplatz – auch ohne Rundbahn – ist geeignet. Es werden Riegenführer, ein Organisator für den Gesamtüberblick und ein kompetenter (und kräftiger) Helfer für das Stabfliegen benötigt. Diese Disziplin lässt sich, wenn ein solcher Helfer nicht gefunden wird, leicht durch eine andere spielerische Disziplin ersetzen. Weitere Helfer zum Harken und Stoppen erleichtern den Ablauf, sind aber nicht zwingend erforderlich. Auch für den Kinderzehnkampf sollten alternative Materialien mit hohem Aufforderungscharakter zur Motivation beitragen. Wer jedoch keine Kids-Speere, Heuler oder Kinderhürden hat, wird auch mit Tennisbällen und Bananenkartons Erfolg haben. 


 

Kinderzehnkampf  -  Die Disziplinen
 
 
 
1 10 Sekunden Sprint
..
Beschreibung:
Drei Hütchen stehen 10, 15 und 20 Meter entfernt von der Gruppe. Jedes Kind hat 10 Sekunden Zeit eines der Hütchen zu umrunden und zur Startlinie zurückzulaufen. 
Um Zeit zu sparen können jeweils zwei Kinder parallel laufen.

"Ihr habt genau zehn Sekunden Zeit. Vor Euch stehen drei Hütchen. Ihr sollt um eines der Hütchen herum und zur Startlinie zurücklaufen.  Schafft Ihr das erste Hütchen, bekommt Ihr einen Punkt, für das zweite Hütchen zwei und für das dritte Hütchen drei Punkte. Seid Ihr noch unterwegs, wenn die Zeit um ist, gibt es keine Punkte."
 

Wertung
Nach einem Probedurchgang, bei dem jedes Kind ein Mal um ein Hütchen läuft und die benötigte Zeit angesagt bekommt, erfolgt ein Wertungsdurchgang. 
Gelingt es dabei nicht, nach zehn Sekunden an der Startlinie zurück zu sein, gibt es keinen Punkt. Ansonsten ist das erste Hütchen einen, das zweite zwei und das dritte drei Punkte wert.
2 Zonenweitsprung
Beschreibung
Drei Reifen (Fahrradmäntel etc.) liegen unmittelbar hintereinander in der Weitsprunggrube. Der erste Reifen liegt mit seinem vorderen Rand 1,60 m hinter der Kante. Einen Absprungraum gibt es nicht. Wenn möglich bietet sich die Rasenkante als Absprunggrenze an. 

"Ihr sollt versuchen, in einen der Fahrradreifen vor Euch zu springen. Der erste Reifen gibt einen Punkt, der zweite zwei, der dritte drei. Landet Ihr auf der Kante von zwei Reifen, dann zählt der kürzere Reifen. Wenn Ihr nach hinten umfallt gibt es die Punkte die zu dem Reifen gehören, in den ihr gefallen seid."
 

Wertung
Nach einem Probedurchgang hat jedes Kind einen Versuch. Springt es in den ersten Reifen, bekommt es einen Punkt, dann zwei und drei. Dabei gilt die Regel des letzten Abdrucks: Wer nach hinten fällt, oder zwischen zwei Reifen landet, bekommt die schlechtere Punktzahl. 
3 Medizinballstoß
Beschreibung
Es wird mit 800 g Medizinbällen (ersatzweise Gymnastikbälle, dann sind die Trefferzonen nach hinten zu verschieben) gestoßen. Auf dem Boden sind durch Speere, Stäbe oder Bänder Punktzonen markiert. Die erste Zone liegt bei 4-6 Metern, die zweite bei 6-9 Metern. 
Der Ball muss gestoßen werden!

"Versucht den Medizinball möglichst weit zu stoßen. Euer Ellenbogen darf Eure Hand dabei nicht „überholen“
Trefft Ihr die erste Zone, gibt es einen Punkt, bei der zweiten zwei. Stoßt ihr den Ball noch weiter, gibt es drei Punkte. Landet der Ball vor der ersten Markierung gibt es keinen Punkt."
 

Wertung
Da der Stoß für viele Kinder ungewohnt ist, können zwei Probedurchgänge erlaubt werden. Wird dann beim Wertungsdurchgang geworfen ist der Versuch nicht gleich ungültig, sondern es gibt eine zweite Chance. 
Für die erste Zone gibt es einen Punkt, für die zweite zwei. Landet der Ball hinter der zweiten Zone gibt es drei Punkte.
4 Bänderhochsprung
Beschreibung
An einer schräg aufgehängten Hochsprunglatte/einem schräg hängenden Band hängen drei Bänder. Das erste Band ist 1,70 m hoch, das zweite 2,00 m und das dritte 2,30. Die Bänder sollen mit einer Hand berührt und dabei nicht heruntergerissen werden. 

"Versucht möglichst hoch zu springen und ein Band zu erreichen. Nach Eurem Probeversuch entscheidet Ihr, welches Band Ihr versuchen wollt. Dieses sollt Ihr mit der Hand berühren. Wenn das gelingt, bekommt Ihr für das niedrigste Band einen Punkt, für das mittlere zwei und für das höchste drei Punkte. Habt Ihr Euch überschätzt und erreicht das Band das ihr versucht habt nicht, gibt es keinen Punkt."
 

Wertung
Nach einem Probedurchgang entscheidet jedes Kind, welches Band es versuchen will zu erreichen. Der Anlauf kann dabei frontal oder schräg seitlich erfolgen. Das niedrigste Band ist einen Punkt wert, das höchste drei. Wer sein Band nicht erreicht, bekommt keinen Punkt. 
5 30 Sekunden Lauf
Beschreibung
Eine 50 m Runde wird mit Hütchen oder ähnlichem markiert. Jeweils 3-4 Kinder laufen zusammen und haben dafür dreißig Sekunden Zeit.

"Ihr habt eine halbe Minute Zeit, um möglichst viele Runden zu laufen. Jede neu begonnene Runde ergibt einen Punkt."
 

Wertung
Jede angefangene Runde ist einen Punkt wert.
6 30 m Bananenkartons
Beschreibung: 
Die Laufstrecke ist ca. 30 m lang. Darauf stehen in 5,50 m Abstand (Anlauf ca. 8 m) drei Bananenkartons, Schaumstoffblöcke, Kids-Hürden oder ähnliches. 
Die Kinder laufen über die „Hürden“, um eine Wendemarke und außen wieder zurück. Wer sich nicht traut die „Hürden“ zu überlaufen, darf auch im Slalom laufen. 

"Ihr dürft Euch aussuchen, ob Ihr über die Kartons springt oder im Slalom um sie herum lauft. 
Lauft um die Wendemarke und an der Seite wieder zurück.
Aus Euren Zeiten werden Eure Punktzahlen errechnet."
 

Wertung
Hier müssen die Punkte aus den erzielten Laufzeiten errechnet werden. 
< 14 sec = 3 Punkte
14-15 sec = 2 Punkte
15-16 sec = 1 Punkt
>  16 sec = 0 Punkte 
7 Fahrradmantel-Zielwurf
Beschreibung
In ca. 4-5 Meter Entfernung stecken einige Speere, Holzstäbe etc. möglichst etwas schräg im Boden. 
Die Kinder sollen den Fahrradmantel im Drehwurf mit einer Hand über die Speere werfen. 

"Ihr habt drei Versuche, die Reifen über die Speere zu werfen. Immer wenn ein Reifen über einem oder mehreren Speeren landet, gibt es einen Punkt."
 

Wertung
Nach einem Probedurchgang hat jedes Kind drei Versuche, die in unmittelbarer Folge geworfen werden. Jeder Reifen, der über einem oder mehreren Speeren landet gibt einen Punkt.
8 Stabfliegen
Beschreibung
Das Stabfliegen wird mit Hilfestellung absolviert. Ein in dieser Aufgabe erfahrener Leichtathlet hält den Stab fest und zieht das Kind gegebenenfalls in die Grube, in der drei Landezonen markiert sind. Ein kleiner Einstichkasten wird gegraben. Nach Möglichkeit sollte der Absprung etwas erhöht sein. 
Etwas ängstliche Kinder können mit einem kurzen Stab am Boden üben. 
Stäbe können auch durch alte Hochsprunglatten oder Bambusstäbe ersetzt werden. Ein Stab sollte 3-4 Meter lang sein. 

"Stellt Euch mit dem Stab auf das Podest. Von dort dürft ihr mit oder ohne Anlauf springen. Haltet den Stab gut fest und springt an der Seite vorbei. Versucht mit in einer der drei Landezonen zu landen – ein Trainer hilft Euch dabei."
 

Wertung
Der Abstand der Landezonen ist abhängig von Podest, Stab und Einstichkasten und sollte vor Ort entschieden werden. Die schwerste Zone sollte erreicht werden, wenn in Reichhöhe gegriffen und sich dann etwas am Stab vorbeigezogen wird. 
Die erste Landezone gibt einen Punkt, die letzte drei Punkte. 
Der Stab muss unbedingt festgehalten werden!
9 Heuler-Zielwurf
Beschreibung
5 Meter entfernt und in mindestens zwei Metern Höhe hängt ein Fahrradmantel. (zum Beispiel unter der Latte des Fußballtores) Durch diesen soll mit Heulern, Kids-Speeren, Tennisringen, Tennisbällen oder ähnlichem geworfen werden.

"Ihr habt drei Versuche, um durch den Reifen zu werfen. Jeder Treffer gibt einen Punkt."
 

Wertung
Nach einem Probedurchgang gibt es drei Wertungsversuche. Jeder Treffer ergibt einen Punkt. 
10 400 Meter
Beschreibung
Alle Kinder laufen zusammen in Konkurrenz 400 Meter.

"Alle laufen zusammen möglichst schnell eine große Runde. Aus Euren Zeiten errechnen sich Eure Punkte."
 

Wertung
Auch hier errechnen sich die Punktzahlen aus den benötigten Zeiten: 
<1:40 min  = 3 Punkte
1:40-2:30 min = 2 Punkte
2:30-3:20 min  = 1 Punkt
> 3:20 min  = kein Punkt


Dirk Schulz
Referat Jugend /Mitarbeiter für Lehrerfortbildung und Kinderleichtathletik,
Schleswig-Holsteinischer Leichtathletik-Verband

 
 
 

zurück


HomeÜbersicht | Unterrichtsmaterialien