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Geschichten um Fairness und Unfairness im Sport

 
 
. Hoyzers Geständnis schockt den deutschen Fußball
Schiedsrichter gibt unter Tränen zu, eine fünfstellige Summe kassiert zu haben / "Viele andere Leute verstrickt" 

Schiedsrichter Robert Hoyzer hat am Donnerstag die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Spielmanipulation gestanden. Der 25-Jährige gab zu, für einen fünfstelligen Betrag Spiele verschoben zu haben. Darüber hinaus seien "viele andere Leute" in diese Affäre verstrickt. Er selbst wolle als Kronzeuge bei den Ermittlungen zur Verfügung stehen.

Im Wortlaut: "Zutreffend"

Robert Hoyzer erklärte am Donnerstag nach einem zweiten ausführlichen Gespräch mit seinen Anwälten in Essen:
"Die in der Öffentlichkeit erhobenen Anschuldigungen gegen mich sind im Kern zutreffend. Ich bedauere mein Verhalten zutiefst und entschuldige mich gegenüber dem DFB, meinen Schiedsrichterkollegen und allen Fußballfans. Ich habe heute vollständig und schonungslos mein Verhalten und mein gesamtes umfangreiches Wissen über alle mir in diesem Zusammenhang bekannten Sachverhalte und Personen dokumentiert und stehe der Staatsanwaltschaft und dem DFB zur vollumfänglichen Aufklärung zur Verfügung."
 

DFB-Sprecher Harald Stenger appellierte an die Fußball-Fans, den Respekt vor den Schiedsrichtern zu wahren. "Bitte begleiten Sie die Schiedsrichter auf ihrem schweren Weg nicht mit unsinnigen Äußerungen." Ex-Fifa-Schiri Amerell sagte: "Wir müssen große Anstrengungen unternehmen, um die erschütterte Glaubwürdigkeit wieder herzustellen." Markus Merk will kämpfen: "Wir sind froh, wenn am Wochenende die Spiele endlich angepfiffen werden."
 


Kommentar: Schlimm

VON FRANK HELLMANN

Robert Hoyzer hat gestanden. Damit ist bewiesen, was viel zu viele im ach so sauberen deutschen Fußball nicht wahrhaben wollten. Spiele im Profibereich sind verschoben, verkauft, Sportler, Zuschauer, Vereine und auch Wetter betrogen und belogen worden. Und im Mittelpunkt steht ausgerechnet einer aus der Gilde, die vor allem den Schein von Integrität wahrte.

Dass der in die Fänge einer aus Berlin operierenden kroatischen Wettmafia geratene 25-Jährige nebulös andeutet, "viele andere Leute" seien in den Fall verstrickt, lässt für die weiteren Ermittlungen nichts Gutes erahnen. Genauso schlecht ist im Nachhinein, dass der DFB erste Warnmeldungen, vom staatlichen Wettanbieter Oddset im August vergangenen Jahres ausgestoßen, ignorierte. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Es bedurfte erst vier couragierter Berliner Schiedsrichter, um den Verband mit der Nase auf die Ungereimtheiten zu stoßen.

Der DFB steht vor einer Herkulesaufgabe. Zugespitzt formuliert: Die Tabellen der zweiten und dritten Liga sind ad absurdum geführt. Auch Wiederholungsspiele machen den Verlust an Glaubwürdigkeit nicht mehr wett. Grundsätzliches ist zu hinterfragen: der auf Verlangen der Fifa greifende Jugendwahn in der Schiedsrichter-Gilde, die lange Jahre betriebene Abschottungspolitik. Zudem ist leider zu befürchten, dass das Gros gewiss ehrenwerter Pfeifenmänner in nächster Zeit einen ganz schweren Stand hat. Die Rufe am Montag in Frankfurt ("Schiri, hol den Wettschein raus.") waren erst der Anfang. Auswirkungen bis an die Basis der fast 80 000 deutschen Referees werden folgen; dort wo sich junge Ehrenamtliche von aufgebrachten Eltern, bemerkenswert Geduldige von angetrunkenen Kreisklassen-Kickern sonntagmorgens bepöbeln lassen müssen. Jeder Unparteiische ist ungerechtfertigt dem Generalverdacht ausgesetzt. Das ist - neben der Wettbewerbsverzerrung - die schlimmste Hinterlassenschaft des Falls Robert Hoyzer.

(Frankfurter Rundschau 28.1. 2005)


 
 
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